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Synonymisierung Archive - Dr. Stavros Kromidas

Sprechen wir alle die gleiche „Sprache“? (II)

Von C - Einführungen, Überblicke, Routine-Tipps, Wartung, allgemeine Hinweise, HPLC-Tipps Demo

Sprechen wir alle die gleiche „Sprache“? (II)

Im diesem Tipp haben wir uns mit verwirrenden Abkürzungen und nicht ganz glücklichen Synonymisierungen beschäftigt. Im hiesigen Tipp möchte ich auf vermeintlich eindeutige Begriffe und Angaben eingehen unter denen evtl. doch Unterschiedliches verstanden wird. Ich habe zwei Begriffe aus der HPLC und drei aus dem Bereich der Validierung ausgesucht.

Beispiele

Luftofen

Zwei Labore möchten Ergebnisse vergleichen, die Hardware ist identisch, beide verwenden einen qualifizierten „Luftofen“. Sollte allerdings der eine ein Ruhluftofen und der andere ein Umluftofen (bzw. das gleiche Gerät aber im unterschiedlichen Modus betrieben) sein, könnten die Ergebnisse evtl. divergieren. Siehe dazu ein Beispiel in Abbildung 1: Bei gleicher Temperaturanzeige am Display kann an unterschiedlichen Luftöfen die Auflösung besser oder schlechter sein, auch Elutionsumkehr ist denkbar, weil ganz einfach die tatsächlich herrschende Temperatur in der Säule eine andere ist.

Abbildung 1. Unterschiedliche Ergebnisse mit unterschiedlichen Luftöfen, Details, siehe Text

Oberfläche des Materials in m2/g

In der Literatur und auch In Broschüren von Herstellern werden häufig die physikalisch-chemischen Daten der verwendeten bzw. angebotenen Materialien angegeben. Es kann leicht passieren, dass man übersieht, dass einmal die Rede von „effektive Oberfläche“ und einmal von „spezifische Oberfläche“ ist. Die Zahlenwerte sind nicht vergleichbar. So entspricht beispielsweise eine effektive Oberfläche von 200 m2/g einer spezifischen Oberfläche von 102 m2/g.

Signal/Rauschen-Verhältnis

Ein Zitat aus der amerikanischen Pharmakopöe:

“The signal-to-noise ratio (S/N) is a useful system suitability parameter. The S/N is calculated as follows: S/N = 2H/h”.

Als Bestimmungsgrenze wird oft ein Signal/Rauschen-Verhältnis von 10:1 verlangt/erwartet. Da jedoch die „2“ bereits in der Formel enthalten ist, bedeutet „10:1“: 20 mal die Peakhöhe zum Rauschen. In manch´ einem Labor wird allerdings als Bestimmungsgrenze tatsächlich 10 mal die Peakhöhe zum Rauschen genommen. Es liegt auf der Hand, dass Ergebnisse nicht vergleichbar sind, zumal die Integration in diesen Bereichen nicht unproblematisch ist…

Genauigkeit

Genauigkeit ist der Oberbegriff von Richtigkeit und Präzision; wenn ein Ergebnis frei ist von systematischen Fehlern, spricht man von einem richtigen Ergebnis. Wenn ein Ergebnis frei ist von zufälligen Fehlern, spricht man von einem präzisen Ergebnis. Wenn nun ein Ergebnis frei ist von systematischen und zufälligen Fehlern, also wenn jenes richtig und präzise ist, spricht man von einem genauen Ergebnis. Es ist allerdings so, dass oft „Genauigkeit“ gleich „Richtigkeit“ gesetzt wird. Die Konfusion wird nicht gerade geringer, als im Englischen für „Richtigkeit“ folgende drei Begriffe benutzt werden: „Accuracy“, „Accuracy of The Mean“, „Trueness“. Hier muss man mit den Gesprächspartnern früh genug für Klarheit der Begrifflichkeiten sorgen.

Linearität

Zwei Pharma-Labore möchten die Daten für die Linearität vergleichen. Die Geräte sind gleich, es werden Standards mit Placebo versetzt verwendet, man einigt sich auf neun unabhängige Werte. Nur: Das eine Labor wendet eine immer wieder anzutreffende Praxis im Pharma-Umfeld „3,3,3“, also drei Konzentrationen, a drei Bestimmungen. Das andere Labor verwendet tastsächlich neun unterschiedliche Konzentrationen und je eine Bestimmung. Auch hier sind die Ergebnisse nicht vergleichbar, auch dann wenn in beiden Fällen sich ein Korrelationskoeffizient mit drei Neuner nach dem Komma ergibt.

Der Ausweg heißt Kommunikation

Es ist sicherlich nicht einfach, derartige Missverständnisse gänzlich zu vermeiden. Man kann nur stets versuchen, eine enge und offene Kommunikation mit den Gesprächspartnern zu pflegen.

Sprechen wir alle die gleiche „Sprache“? (I)

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Der Fall

Die unterschiedliche Bedeutung von Hersteller-Abkürzungen sowie die Synonymisierung von an für sich unterschiedlichen Begriffen führen immer wieder zur Konfusion. Nachfolgend möchte ich dazu einige typische Beispiele anführen. Ferner: Unterschiedliche Interpretation von chromatographischen Begriffen und Formulierungen wie auch das Gleichsetzen ähnlich klingender Begriffe kann zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führen. Auch ein Datenvergleich kann sich dadurch als problematisch erweisen. Mit dieser verwandten Problematik werden wir uns im diesem Tipp beschäftigen. Hier finden Sie einige Synonyme in der HPLC.

Die Lösung

Gleiche Abkürzungen

Fangen wir mit dem Einfacheren an: Gehen Sie bitte nicht davon aus, dass gleiche Abkürzungen stets das Gleiche bedeuten. Dazu einige Beispiele:

„HD“ bei Agilent: High Definition
„HD“ bei Macherey Nagel: High Density (stationäre Phase mit ca. 20% Kohlenstoff)
„SB“ bei Waters: Strong Bond
„SB“ bei Agilent: Stable Bond (sterischer Schutz, im Sauren stabil)
„HT“ bei Agilent und Thermo beispielsweise wird für „High Throughput“ verwendet, während bei Waters, Tosoh Bioscience und anderen „HT“ für „High Temperature“ steht.
Auch Zahlen können beim Namen einer Säule etwas Unterschiedliches bedeuten, hier einige Beispiele: Die „2“ ist oft der Hinweis auf ein endcappedes Material (z. B. Inertsil 2, LUNA 2). Bei „HT2“ jedoch (Tosoh Bioscience) ist die „2“ der Hinweis, dass jenes GPC-Material bis 220 °C stabil ist, während die üblichen Hochtemperatur-GPC-Materialien („HT“) nur bis 140°C-150°C stabil sind. Die „3“ bei Inertsil ODS 3 wird als Hinweis verwendet, dass es sich dabei um ein weiteres Produkt der Inertsil-Familie handelt, das Material soll eindeutig von Inertsil ODS 2 abgrenzbar sein, welches recht andere Eigenschaften aufweist. Eine „3“ allerdings nach einem „T“ (z. B. Atlantis T3, Waters) bedeutet, dass der Ligand bei diesem Material über eine trivalente Bindung mit der Oberfläche des Kieselgels verbunden ist (T: Erster Buchstabe aus dem Griechischen „tria“ = drei).
„RP“ bedeutet bekannterweise „Reversed Phase“. „RP“ allerdings direkt nach „C18“, also in etwa „Materialname C18 RP“, ist oft der Hinweis, dass sich auf der Oberfläche dieser C18-Phase zusätzliche polare Gruppierungen befinden, dass also jene stationäre Phase einen (zusätzlichen) polaren Charakter aufweist.

Es gibt erfreulicherweise auch einfache Fälle: Die Bedeutung einer Abkürzung ergibt sich zwangsläufig aus dem Zusammenhang: „ECD“ in der GC bedeutet Electron Capture Detector, in der HPLC, Electrochemical Detector.

Unglückliche Synonymisierungen

  • Aus einem Buch „…Totvolumen, auch Verweilvolumen genannt…“ Diese Gleichsetzung ist problematisch, denn: Totvolumen (Dead Volume, Dispersionsvolumen) ist das Volumen der Apparatur vom Probengeber bis einschließlich Detektor ohne Säule. Ändert sich jenes, ändert sich die Peakform vor allem bei früh eluierenden Peaks, die Retentionszeit ändert sich dabei nur gering. Das Verweilvolumen (Verzögerungsvolumen, Dwell- oder Delay Volume) bei Gradientenanlagen ist das Volumen vom Mischventil bis zum Säulenkopf. Ändert sich jenes, kann eine Vielzahl von Effekten auftreten: Keine Änderung, Änderung der Retentionszeit, der Peakform, der Auflösung, mitunter immer wieder auch der Elutionsreihenfolge.
  • Ebenfalls aus einem Text: „…Selektivität oder Spezifität …“. Diese Gleichsetzung ist nicht richtig: Selektivität ist die Fähigkeit einer Methode alle denkbaren Komponenten ohne gegenseitige Störung zu trennen. Spezifität ist die Fähigkeit einer Methode, eine Substanz oder eine Substanzklasse ohne Störung durch andere Komponenten zu trennen. Leider ist in den 1990er Jahren den Verfassern der Richtlinien der ICH (International Conference of Harmonisation) ein semantischer Fehler unterlaufen, sie verwendeten nämlich den Begriff „Specifity“. Da in diesem Papier (stillschweigend) chromatographische Methoden gemeint sind, sollte richtigerweise von „Selectivity“ die Rede sein, denn: Man schätzt sich in der HPLC-Welt glücklich, eine selektive chromatographische Methode entwickelt zu haben. Spezifität in der Chromatographie ist allenfalls nur theoretisch denkbar. Dieses sprachliche Missgeschick hat im Pharma-Umfeld manche Verwirrung gestiftet.

Das Fazit

Bei einer falsch verwendeten Synonymiesierung ist es zugegebenerweise schwierig dahinter zu kommen. Bei nicht 100%ig geläufigen Abkürzungen lohnt es sich bei Bedarf folgendes zu tun: Geschwind bei der Homepage des Herstellers nachschauen, was wohl damit gemeint ist. Es sei denn, allen Beteiligten ist klar, was mit der Abkürzung gemeint ist, z. B. bei HPLC doch eindeutig: High Pleasure Liquid Chromatography…