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Trends in der HPLC

Von 5. Juli 2023 Januar 29th, 2024 No Comments

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Trends in der HPLC

Stavros Kromidas

Vom 18.-22. Juni 2023 fand in Düsseldorf die HPLC2023 („International Symposium on High Performance Liquid Phase Separations and Related Techniques”), die wichtigste und größte Tagung auf dem Gebiet der HPLC, statt.
Nachfolgend erfolgt ein kurzer Bericht über Trends und Highlights. Vorab jedoch ein Punkt, den ich mir selbst immer wieder bewusst machen muss: Auf solchen Tagungen werden naturgemäß zum großen Teil Ergebnisse und Projekte aus der Forschung vorgestellt. Dieses Bild der HPLC entspricht selbstverständlich nicht der Ist-Situation in „real-life“ Labors. Ob und wann besprochene Techniken das „normale“ HPLC-Labor auf breiter Basis erreichen, ist ungewiss.

Highlight: Mehrdimensionale Trennungen

Kaum ein Vortrag, ein Tutorial oder ein Poster in dem es nicht um „Multi“ ging: Im einfachsten Fall um Multidetektion, multimodale MS, 3-4 D-Chromatographie usw., also kurzum: Mehrdimensionale Kopplungstechniken.

Begründung:
Die Herausforderung in aktuell wichtigen Gebieten wie „omics“ (Metabolomics, Lipidomics, Proteomics, Metallomics), Forensik, Umweltanalytik, Spezialpolymeren, personalisierte Medizin etc. lautet: Erfassung von Metaboliten, Verunreinigungen, Zersetzungsprodukten, das sind beispielsweise vielfach Isobare/Isomere – und: Neben der „Trennung“ geht es um möglichst genaue Strukturinformationen, im optimalen Fall um evidenzbasierte Identifizierung. Und dies noch in einer unwahrscheinlich großen und unbekannten Zahl zudem in äußerst geringen Konzentrationen. Schließlich heißt das Ziel: Maximale Information in einem einzigen Lauf.
Vor diesem Hintergrund erweist sich HPLC-MS/MS oder auch UHPLC-HRMS erwartungsgemäß als völlig ungenügend. “Mehrdimensional“ bezieht sich an der Front der HPLC heute sowohl auf die chromatographische als auch – im Besonderen! – auf die Detektionsseite: In der ersten Dimension gesellt sich zu einer möglichst selektiven Säule immer mehr eine zweite orthogonale (z. B. RP-HILIC, LC-HPSEC) oder aber es wird eine zweite orthogonale Technik, z. B. eine enzymatische Reaktion, gewählt. Das Ziel ist, eine erste, maximal-mögliche Diskriminierung der Substanzen zu erreichen. Für die zweite Dimension eröffnet sich nach der zweiten (kurzen) Säule ein Potpourri an spektroskopischen Techniken. Diese werden miteinander kombiniert, um Ionen weiter zu fragmentieren und somit die Spezifität merklich zu erhöhen was letztendlich zu genauen Strukturinformationen führt. Techniken, die noch vor fünf Jahren auch unter MS-User als eher exotisch galten, geraten heute, ob ihres unbestrittenen Potentials immer stärker in den Focus, nachfolgend werden solche lediglich genannt: Ion mobility spectrometry (IMS), Differential Mobility Spectrometry (DMS), Collision Induced Dissociation (CID), Electron Activated Dissociation (EAD). Obschon eine Kombination beispielsweise von LC-HRMS/MS mit UV PD (Ultra Violet Photo Dissociation) zur Erfassung von organischen Mikro-Schadstoffen ihre Überlegenheit unter Beweis stellt, waren in der Mehrzahl zweifelsohne Vorträge mit der nunmehr fast „klassischen“ LC-ESI-IMS-MS/MS-Kopplung. Da es auch um Zeit geht, lautete ein bezeichnender Hinweis:
UHPLC = Sekunden
IMS = Millisekunden
MS = Mikrosekunden

Was war noch interessant?

  • IoT (Internet of Things) und Automation, eindeutig ja, Vernetzung von Geräten/Modulen noch eher rudimentär, KI-Einsatz äußerst zögerlich. Kann man in anderen Bereichen fast schon vom „Siegeszug“ der KI sprechen, lässt sich letztere bezüglich analytischen Labors reichlich Zeit … Eine weitere einfache, nicht uninteressante Frage lautete: Warum gibt es im Labor eigentlich kein flächendeckendes Bluetooth?
  • Das Thema „Unerwünschte Wechselwirkungen der Analyten mit Oberflächen“ wurde intensiv diskutiert. Es gibt bereits mehrere Säulen mit metallfreier Oberfläche, man arbeitet nun an HPLC-Anlagen an denen die Innen-Oberflächen keinerlei Schwermetallen/Schwermetallionen enthalten. Somit gäbe es keine Verschlechterung der Peakform von Komplex-fähigen Analyten und ebenso keine fehlerhaften Peakflächen
  • Grüne Chemie, hier insbesondere grüne HPLC wurde intensiv diskutiert; es wurde auf einen holistischen Ansatz hingewiesen: Herstellungskosten, Transportkosten, Betriebskosten inkl. Chemikalien und Energie, Zeit zur Datenerhebung, Sinnhaftigkeit der ermittelten Daten, Verarbeitung, Deutung und Verwertung der Informationen, Entsorgung von Chemikalien und Hardware. Aber es wurde auch konkret beispielsweise über Alternativen zu Acetonitril und Methanol gesprochen: Propylencarbonat bzw. Ethanol
  • Immer mehr Teile werden per 3 D-Druck hergestellt, so z. B. ein kompletter Detektor für unter 2.000,00 €. Die Verfechter dieser Entwicklung, die natürlich nicht aus dem Herstellerumfeld kommen, plädieren für eine Umwelt-freundliche, individuelle und auch gerechtere Analytik: Labore auch in ärmeren Ländern könnten individuelle, maßgeschneiderte, Umwelt-freundliche Lösungen für die Analytik kreieren, so unter anderem einfache, robuste, portable HPLC-Geräte
  • Ein zeitloses Thema, das seit Jahrzenten in keiner Tagung fehlt, ist nach wie vor „Fundamentals“. Micro- und Nano-LC sowie CE stellen eher kleinere, interessante Segmente dar, ein echter Durchbruch ist im Moment nicht in Sicht
  • Nachdem in den letzten Tagungen die 2 D-Chromatographie beschrieben und ihre Vorteile einem breiten Publikum bekannt gemacht worden sind, ging es in Düsseldorf um Optimierungsstrategien, um Vorschläge zur effizienten SPAM (Stationary Phase Assisted Modulation), um Details und Tricks aus der Praxis. Ein einziges Beispiel soll das Potential der 2 D-Chromatographie demonstrieren: 160 automatisierte Läufe, Peakkapazität 4.800, 1 Peak/sec
  • SFC und insbesondere HILIC spielen sowohl bzgl. Zahl der Anwendungsfelder als auch Modellierung von Mechanismen die Rolle, die die RP-HPLC in den 1970er und 1980er Jahre innehatte
  • Durch die weiter oben erwähnten Möglichkeiten der Spektroskopie erfahren Gebiete wie Umwelt- und Pharmaanalytik, Biologie, Medizin und natürlich Biochromatographie einen enormen Schub. Bei Letzteren stand in vorderer Stelle die Analytik von Glykanen und Oligonukleotiden, Proteine sind und bleiben natürlich ein Dauerthema

Die nächste Veranstaltung in Europa findet im Juni 2025 in Brügge statt.