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Ist dieser HPLC-Peak „sauber“? Der orthogonale Test: Bester Test bzgl. Nutzen/Aufwand-Verhältnisses zur Prüfung der Peakhomogenität

Von 22. Mai 2025 Juli 14th, 2025 No Comments

Zusammenfassung:
Orthogonaler Text: Verwende eine „ganz“ andere Säule (z. B. statt einer C18 nun eine PFP oder eine Mixed Mode) und/oder einen anderen Eluenten (mobile Phase statt mit ACN nun mit MeOH) und injiziere erneut. Ähnliche Substanzen gehen wahrscheinlich (etwas) andere Wechselwirkungen mit der stationären Phase ein. Somit offenbart sich, dass ein symmetrischer Peak evtl. doch nicht homogen ist.

Der Fall
In den letzten zwei HPLC-Tipps haben wir folgendes gesehen: Eine Änderung von Einstellparametern („Settings“) sowie „Manipulationen“ der Probelösung stellen schnelle Möglichkeiten dar, die Peakhomogenität zu prüfen. Heute geht es um den orthogonalen Test. Was ist das und was „bringt“ er?

Die Lösung
Am Ende einer Methodenentwicklung kommt häufig die Frage auf: „Habe ich alle Peaks trennen können, oder liegt womöglich irgendwo im Chromatogramm doch eine Koelution vor“? Jetzt kommt der orthogonale Test ins Spiel – die Idee dahinter: Man verwende eine völlig andere stationäre Phase oder einen anderen Eluenten und injiziert erneut. Es ist ziemlich unwahrscheinlich, dass zwei oder drei Komponenten bei Verwendung zweier gänzlich (!) unterschiedlichen Säulen bzw. Eluenten in beiden Fällen völlig gleich starke Wechselwirkungen mit der stationären Phase eingehen. Wenn nun mit einem Eluenten an zwei unterschiedlichen Säulen oder mit zwei unterschiedlichen Eluenten an einer Säule sich die gleiche Anzahl an Peaks ergibt, ist dies eine recht starke Indiz für Peakhomogenität.
Merke:
1. Wichtig ist eine echte Orthogonalität – nimm´ nicht lediglich eine andere C18-Säule!
2. Es geht bei diesem Test ausschließlich um die Anzahl der Peaks in beiden chromatographischen Systemen. Die Peakform ist in diesem Zusammenhang völlig unwichtig, ebenso wie eine eventuelle Verschlechterung der Auflösung irgendwo im Chromatogramm

Ich habe solche Tests mehrmals durchgeführt, nachfolgend einige Beispiele aus der Praxis:
In Abbildung 1 wird die Trennung von polaren und apolaren Komponenten an zwei Waters-Säulen gezeigt. Obwohl das CSH-Material (linkes Chromatogramm) eine zusätzliche schwach positive Ladung auf der Oberfläche aufweist und Cortecs (rechtes Chromatogramm) ein „Core Shell“-Material ist, sehen die zwei Chromatogramme recht ähnlich aus.

Abbildung 1
Obwohl beide C18-Säulen recht unterschiedliche Eigenschaften aufweisen, liegt keine „echte“ Orthogonalität vor, Ergebnis: Ähnliche Chromatogramme, Details, siehe Text

Nur wenn ich den in der Probe vorhandenen polaren Molekülen zusätzliche Ionenaustausch-Wechselwirkungen (Abbildung 2, links, HSS SB ist eine nicht-endcappede Phase), bzw. sehr starke zusätzliche polare Wechselwirkungen anbiete (Abbildung 2, rechts, HSS-PFP ist eine Penta-Fluoro-Phenyl-Phase), kann ich sie trennen.

Abbildung 2
Gleiche Probe wie in Abbildung 1, hier jedoch zwei völlig unterschiedliche stationäre Phasen

Abbildung 3 rechts: Moderne, endcappede Phase, 3 Peaks. Der erste, schmale Peak suggeriert Peakhomogenität. Bei Verwendung einer fluorierten C7-Phase (Abbildung 3, Mitte) bzw. einer alten, kontaminierten, nicht-endcappeden Phase (Abbildung 3, links) sind 4 Peaks zu sehen.

Abbildung 4 links: (schwach) polare C18-Phase, Mitte: Klassische C18-Phase. In beiden Fällen eluiert bei 2,91 bzw. 2,78 min ein symmetrischer, schmaler Peak. Nur durch die Verwendung einer Mixed-Mode-Phase (zusätzliche komplex-fähige Gruppe auf der Oberfläche des Materials) offenbart sich ein weiterer Peak.

Ein letztes Beispiel eines orthogonalen Tests mit unterschiedlichen Säulen: In Abbildung 5, rechts, wird die Trennung von Metaboliten von Antidepressiva an einer Ascentis C18-Säule gezeigt. Durch den Einsatz einer Ascentis C16-Amid-Phase wird ersichtlich, dass der symmetrische Peak Nr. 2 bei knapp 10 min an der C18-Phase in Wirklichkeit zwei Komponenten enthält (Zwei Peaks bei 5 min an der C16-Amid-Phase).

Abbildung 5
Trennung von Metaboliten von Antidepressiva an einer C18- und an einer C-16-Säule, Details, siehe Text

Zum Schluss zwei Beispiele mit zwei unterschiedlichen organischen Lösungsmitteln:

Abbildung 6, Injektion einer Mischung von polaren Komponenten: In ACN (rechts) 3 Peaks, in MeOH (links) 5 Peaks.

Abbildung 7, rechts ACN: Direkt an der Totzeit Koelution zweier Basen; links MeOH, man erkennt hier immerhin drei Peaks.

Das Fazit
Ein orthogonaler Test (denk´ an eine echte Orthogonalität!) ist ein ausgesprochen gutes Tool zur Prüfung der Peakhomogenität mit einem vertretbaren Aufwand:
1. Schnell realisierbar: Über die Mittagspause die Probe einfach über eine ganz andere Säule laufen und anschließend sich überraschen lassen …
2. Wenn Peakhomogenität bei einer bestimmten Fragestellung ein wirklich wichtiges Thema ist, wäre nach meinem Dafürhalten folgender Aufwand ebenso vertretbarer: Über Nacht statt ACN, MeOH als organischem Lösungsmittel verwenden oder/und 10 % des ACN gegen THF ersetzen und über zwei völlig unterschiedliche Säulen die Probe laufen lassen. Vergleiche am nächsten Morgen lediglich Chromatogramme und Anzahl der Peaks.

 

© Dr. Stavros Kromidas

Restliche HPLC-Tipps des Jahres unter: https://www.kromidas.de/hplc-tipps-des-jahres/